Lebensstationen

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Forschungs- und Sammlungstätigkeit

1884 begann Richard Wossidlo, Zeugnisse mecklenburgischer Mundart und Volkspoesie zu sammeln.

Ab 1890 unternahm er immer wieder Reisen und Wanderungen durch Mecklenburg und intensivierte seine Sammlertätigkeit. 1891 wurde er sogar für einen Sommer vom Dienst frei gestellt, um für seine Volksüberlieferungen (1. Bd. 1897 erschienen) zu sammeln. 1900 kam es zur ersten Aufführung eines Bühnenwerks von Richard Wossidlo: „Ein Winterabend in einem mecklenburgischen Bauernhause“. 1912 verkaufte er ca. 3500 gesammelte Gerätschaften, Trachten und Alltagsgegenstände an das Schweriner Museum, das später noch weitere Exponate von ihm erhielt. Das Angebot einer Professur für Niederdeutsch und Volkskunde an der Universität Rostock lehnte er 1919 ab. Um sich ganz der Forschungsarbeit widmen zu können, wird Richard Wossidlo 1922 ganz vom Schuldienst frei gestellt. 1924 wird er mit dem Titel eines Gymnasialprofessors pensioniert.
Die „Bauernhochtied“ wird 1925 in Waren uraufgeführt. 1927 ist Richard Wossidlo Mitbegründer des Mecklenburger Heimatbundes und Mitinitiator einer heimatgeschichtlichen Sammlung für Waren. Ab 1933 beschäftigte er sich verstärkt mit mecklenburgischen Sagen.

Wossidlo sammelte:

  1. Schriftliche Zeugnisse wie Reime, Tänze, Lieder, Erinnerungen an das Alltags- und Festtagsleben, Erscheinungsformen des Volksglaubens und der Volksmedizin, ca. 30 000 Sagen
  2. Zeugnisse der materiellen Volkskultur wie Trachten, Hauben samt bemalten Spanschachteln, Arbeits- und Hausgeräte wie Spinnrad, Dreschflegel, Schulzenknüppel, Schäferstöcke, Brautharken, Töpferarbeiten und Glasgefäße.

Er sammelte, indem er mit den Leuten ins Gespräch kam und sich Notizen machte. Manches schrieb er dabei auf seine Gummimanschette am linken Unterarm. Gewährsleute halfen ihm dabei. Die Kosten seiner Reisen und für den Erwerb seiner Sammlungsstücke bezahlte er aus eigener Tasche. Das väterliche Erbe ging dabei drauf.
Die Aufbewahrung der Sammlung erfolgte in einer Zettelkastenwand aus 1100 Zedernholzkästen mit ca. 2 Millionen Belegzetteln, die sich heute im Richard-Wossidlo-Archiv in Rostock befindet.
In der Wohnung und im Keller Wossidlos (Weinbergschloss) lagerten zudem über 3000 Exponate. 1912 erfolgte der Verkauf der Sammlung an das Schweriner Museum für den geringen Preis von 1200 Mark, zahlbar bis 1922. Im Inflationsjahr wurde diese Summe gezahlt, wobei der Schein nicht einmal mehr das Papier wert war, auf dem man den Kaufvertrag geschrieben hatte. Zusätzlich forderte man noch entschädigungslos jene 600 Stücke, die Wossidlo seit 1912 gesammelt hatte.

Ehrungen und Traditionspflege

1906 Verleihung der Ehrendoktorwürde der philosophischen Fakultät der Universität Rostock für seine „Mecklenburgischen Volksüberlieferungen
1912 Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin
1923 Erster Preisträger des von der Plattdeutschen Arbeitsgemeinschaft gestifteten John-Brinckmann-Preises der Stadt Rostock
1929 Der Rat der Stadt Waren benannte ihm zu Ehren die von der Bismarckstraße zur Hindenburgstraße führende Denkmalstraße in der Nähe des Turnplatzes in „Wossidlostraße“ um. Der Verkehrsverein nahm ihn als Ehrenmitglied auf. Es wird eine Wossidlo-Stiftung ins Leben gerufen, um ihm künftig beim Druck seiner Bücher zu helfen. Das mecklenburgische Staatsministerium übermittelte dem „Begründer der mecklenburgischen Heimatkunde“ ein Glückwunschschreiben und der ehemalige Großherzog „erfreute den Jubilar zu seinem 70. Geburtstag durch Übersendung seines Bildes mit eigenhändiger Unterschrift und einem begleitenden Glückwunschschreiben“.
1934 Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Waren durch den Rat der Stadt
1935 Das Buch „Richard Wossidlo – Wesen und Werk“ von Karl Gratopp (Lehrer am Gymnasium in Waren) erscheint.
1. Juli 1937 Verleihung der Silbernen Leibniz-Medaille von der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin
26. Jan. 1939 Anlässlich des 80. Geburtstages von Wossidlo erhielt das Warener Gymnasium seinen Namen. Am Abend fand vor der Schule ein Fackelzug statt.
Mai 1955 An der Richard-Wossidlo-Schule wird erstmalig ein Wossidlo-Festtag begangen. Die erste Festrede hält Dr. Köhler, ein ehemaliger Schüler Wossidlos.
27. Jan. 1959 Auf der Festsitzung des Rates der Stadt zum 100. Geburtstag Wossidlos in der Aula der Oberschule hält Dr. Beckmann, Leiter der Wossidlo-Forschungsstelle bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, die Festrede. Im Museum wird eine Ausstellung „Richard Wossidlo – sein Leben und Werk“ eröffnet.
15. Mai 1959 Im Garten des Weinbergschlosses wird ein Gedenkstein und am Portal der Oberschule eine Gedenktafel enthüllt. Beides wurde vom Warener Bildhauer Walter Preik gestaltet.
Seit 1959 Verleihung des Richard-Wossidlo-Preises
1977 Gründung des Plattdeutschen Zirkels in Waren
1978 Das Motorschiff „Wossidlo“ wird auf der Müritz in Dienst gestellt.
Seit 1984 Arbeit der Interessengemeinschaft „Richard Wossidlo“
21. Mai 1989 Das Kreiskulturhaus auf dem Mühlenberg erhält den Namen „Richard Wossidlo“
Seit 2005 Ausstellung im Haus des Gastes zum Leben und Wirken Richard Wossidlos
19. Sept. 2008 Feierliche Enthüllung eines Namenssteins von Walter Preik am Warener Gymnasium, der von der Altschülerschaft gestiftet wurde.
2009 Landesweit fanden zahlreiche Veranstaltungen zum 150. Geburtstag und 70. Todestag Richard Wossidlos statt. Bspw. die zentrale Ausstellung im Bernsteinmuseum Ribnitz-Damgarten vom 17.01. bis 19.07. und ein wissenschaftliches Kolloquium an der Universität Rostock.

Professor Wossidlo war ein großer, stattlicher Mann mit überlangen heruntergezogenen Ohren. Sah er uns an, so leuchteten seine grünen Augen, über denen sich die buschigen Brauen hoben und senkten. Der Kinnbart gab ihm ein würdevolles Aussehen wie auch sein dunkler Anzug und der runde Hut der früheren Jahre. In meiner Schülerzeit trug er stattdessen einen breitkrempigen schwarzen Künstlerhut, ging meistens mit einem Krückstock, war mit einem weißen Vorhemd angetan und weißen Manschetten.
Ehemaliger Schüler von Wossidlo (1919-1921), Herr Alfred Sengebusch

… Auf den Unterricht bereitete er sich stets genau vor und korrigierte aufs Genaueste und Sorgfältigste die schriftlichen Arbeiten. … Den Unterricht selbst erteilt er mit sichtbarer Liebe zur Jugend, wusste derselben den Lehrstoff in knapper fesselnder Form anzupassen und durch geschickte klare Fragestellung die Aufmerksamkeit der Schüler rege zu machen und zu erhalten. … Dazu hat er sich die Liebe seiner Schüler erworben und steht zu dem unterzeichneten und zu den übrigen Kollegen in einem freundlichen Verhältnis. …

Heute Nachmittag mit den 2-Uhr-Zuge unternahm die Sexta des hiesigen Gymnasiums in Begleitung des Herrn Oberlehrers Wossidlo einen Ausflug per Bahn bis Langhagen. Von dort beabsichtigt die jugendliche Schar, die voller Freude ob des freien Nachmittags und des vom oft so lästigen Schulzwangs angenehm abweichenden, ungezwungenen Umhertummelns in Gottes weiter Natur die Fahrt antrat, eine Fußwanderung zu machen. Das Wetter ist auch stimmungsvoll genug. Die meteorologischen Beobachtungen der Station Waren vom 10. Juni 1898: morgens, 8 Uhr, 19,3 Grad, mittags, 2 Uhr, 24,5 Grad, abends, 9 Uhr, 15,7 Grad. Kein Niederschlag.
Wir verweisen noch auf ein morgiges Concert, wo das „Städt. Orchester“ auf Müritzhöhe zu concertieren gedenkt. Der Anfang des Konzertes ist auf 5 Uhr festgesetzt.

Aus Anlass des 70. Geburtstages am 26.01.1929 erschien in der Warener Zeitung ein dreispaltiger Beitrag mit einem Bild, in dem Wossidlo gewürdigt wird und die Stadt sich stolz zeigte, dass dieser Mann seit 42 Jahren mit Waren eng verbunden ist.

… Wossidlo ist heute der Name von hellstem Klang unserer mecklenburgischen Heimatbewegung, aber auch weit über die Grenzen unseres Mecklenburger Landes hinaus hat der nimmermüde Forscher niederdeutscher Art und Sitten es verstanden, sich durch vertiefen in die Volksseele, sein Einbringen in das Kulturleben sich zu der führenden Persönlichkeit in der Volkskunde emporzuarbeiten, als die er unbestritten von Wissenschaft und Volk anerkannt wird.

Im ganzen Land häuften sich Ehrungen in bisher nicht gekannter Dichte. Rektor und Senat der Universität Rostock fügten der 1906 verliehenen Würde des Doktors der Philosophie ehrenhalber die Würde eines Ehrensenators hinzu. Die Festsitzung in der Aula der Universität bei der auch Vertreter von Regierung und Wissenschaft den Jubilar würdigten, wurde durch einen Hochzeitsbitter und Überreichung der Erntekrone durch Bauernhochschülerinnen umrahmt. Nach der Festsitzung, die auch im Rundfunk übertragen wurde, begrüßten Heimatvereine Richard Wossidlo mit einem Fackelzug vor der Universität.

Die vom Malermeister Fr. K. Rüdiger auf echtem Pergamentleder ausgeführte Urkunde zeigt auf der Titelseite das alte Stadtwappen von 1232, das gegenüber dem jetzigen schmuckvoller ist, sowie zwei mecklenburgische Bauerntypen, Bauer und Bäuerin. Auf der Innenseite der Urkunde, die von einer feinen Lorbeerranke umfasst wird, sind das Stadtbild in Aquarell und folgender Ausspruch Archibald Douglas‘ untergebracht: „Der ist in tiefster Seele treu, wer die Heimat so liebt wie Du.“

Glückwünsche übermittelten das Winterhilfswerk und der Reichsstatthalter Hildebrand. Zum zweiten Mal erhält er den Brinckmann-Preis, die Regierung verleiht ihm die Goethemedaille. Wossidlo selbst verreiste an seinem 75. Geburtstag nach Eisenach und besuchte die Reutervilla.

Werke und Veröffentlichungen

Eine kurze Auflistung der Literatur von Richard-Wossidlo. Im Katalog (-> LINK) der Landesbibliothek M-V findet sich eine ausführliche Auflistung.